Dr. med. Udo Böhm

Blog Post

Stellungnahme zu ARD-Sendung: Vorsicht Verbraucherfalle vom 23.11.2015 und das Thema "Nahrungsergänzungsmittel"

  • von Udo Böhm
  • 01 Dez., 2016
In der Sendung wird über fragwürdige Geschäfte mit Nahrungsergänzungsmittel und über die Tricks von Herstellern und Vertreibern berichtet.

Die Autoren gehen dabei leider nicht auf die - tatsächlich vorhandenen - Qualitätsunterschiede bei Herstellern und Produkten ein und nennen auch die schwarzen Schafe im Markt nicht beim Namen.

Es wird vor allem argumentiert, dass werbende Aussagen bezüglich Mangelernährung auf Grund ausgelaugter Böden und eines reduzierten Nährstoffgehalts der Lebensmittel nicht stimmen und dass viele Fertigprodukte schon mit Mikronährstoffen angereichert sind, weshalb zusätzliche Nahrungsergänzungsmittel unsinnig wären. Dem ist natürlich zuzustimmen, wenn gesichert ist, dass die Verbraucher sich entweder vor allem mit industriellen Fertigprodukten oder wie in der Sendung gefordert "ausgewogen", vollwertig und nachhaltig ernähren. 

Eine Ernährung, die vorwiegend auf Fertigprodukten beruht, kommt aber aus ökologischen und medizinischen Gründen nicht in Frage. Eine ausgewogene Ernährung aber setzt nach dem heutigen Wissen voraus, dass die Lebensmittel aus der Region direkt von einem Bauern aus nachhaltiger Produktion kommen, dass sie möglichst in ihrer jeweiligen Reifeperiode frisch verwendet werden und dass sie korrekt gelagert, gereinigt und zubereitet werden. Das ist aber heute in unserem sozialen Umfeld sicher nicht die Regel.
Hinzu kommt, dass immer mehr Menschen zeitweise oder regelmäßig einschränkende Diäten verwenden, die zu einer Unterversorgung an verschiedenen Nährstoffen führen können. Zu dieser wachsenden Gruppe zählen zum Beispiel Diäten bei Übergewicht, bei Angst vor Übergewicht oder bei Diabetes, aber auch vegetarische und vegane Ernährungsformen.

In all diesen Fällen empfiehlt zum Beispiel die DGE eine "Ergänzung der Ernährung" mit einem qualitativ hochwertigen und sinnvoll kombinierten Nahrungsergänzungsmittel wie folgt: " ... chronische Fehlernährung ... geht mit einer Unterversorgung an essentiellen Nährstoffen einher. Wenn sich der Ernährungszustand ... nicht verbessern lässt, sollte möglichst frühzeitig an eine Supplementierung von essentiellen Nährstoffen gedacht werden" (Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr, 1. Auflage 2000, DACH, 20). 

Im Rahmen der Sendung kreiert das ARD-Team übrigens ein eigenes medizinisch nicht empfehlenswertes Nahrungsergänzungsmittel mit dem Namen Camu Green Vitalkomplex 3000 und testet es dann mit einer Placebopackung bei drei (!) weiblichen Personen. Zwei Probanden haben nach 14 Tagen keine Wirkung verspürt und eine Person schläft jetzt besser. Aus diesen Ergebnissen schließen die Autoren, dass alleine der Glaube die Wirkung macht und dass Nahrungsergänzungsmittel keinen Nutzen bringen. Ich muss mich fragen, ob den Autoren bekannt ist, dass auch bei angeblich hochwirksamen Arzneimitteln solche Placebotests sogar bei schweren Krankheiten erfolgreich sind und ich frage mich, warum nicht ein hochwertiges medizinisch begründetes Nahrungsergänzungsmittel für diesen Test genutzt wurde. Zudem sollte dem "mündigen" Verbraucher und den Autoren der Sendung bekannt sein, dass man nach 14 Tagen mit einem niedrig dosierten Nahrungsergänzungsmittel keine deutliche Wirkung verspüren kann.

Ich hätte mir übrigens in der Sendung zumindest eine abschließende Empfehlung erwartet, dass sich Verbraucher Nahrungsergänzungsmittel nicht unüberlegt im Drogeriemarkt, im Internet oder bei einem Verkaufssender besorgen, sondern sich vor der Nutzung bei einem im Thema Mikronährstoffe ausgebildeten Therapeuten beraten lassen, um evtl. falscher Anwendung oder auch falscher Dosierung vorzubeugen.

So sehe ich das ....
Bis zum nächsten Mal.
Ihr Udo Böhm

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